Wenn man an der Berechtigung von GEZ-Gebühren Zweifel äußert, gerät man schnell in den Verdacht, ein Fürsprecher von Verrohung und Vulgarisierung zu sein und sich für jene Art von Verdummungsmaschinerie stark zu machen, für die das Privatfernsehen steht. Selbst gestandene Piratenanhänger verteidigen das gebührenfinanzierte System der öffentlich-rechtlichen Anstalten, weil sie darin ein Bollwerk wider den Schund sehen. Genannt werden in dem Zusammenhang immer wieder erfolgreiche Sendungen mit Bildungs-Effekt, wie Tagesthemen, die Sendung mit der Maus, aber auch die Kulturformate wie 3Sat oder der ZDF-Theaterkanal. Alles Inhalte, die es bei den Privaten so nicht gibt.
Deshalb lässt es zunächst mal aufhorchen, wenn Kritik am gebührenfinanzierten Rundfunk ausgerechnet aus dem Zentrum der bildungsbürgerlichen Mitte kommt, nämlich von der ZEIT. Dort erschien vor einigen Tagen ein Artikel mit dem Titel Vom Volk bezahlte Verblödung. Untertitel: „Warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht leistet, wofür er die Gebühren bekommt.“
Auf den zweiten Blick und nach der Lektüre wird die Kritik der ZEIT allerdings verständlicher. Beklagt wird dort, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten die gleiche Form von quotenwirksamer Vulgarisierung betreiben wie die Privatsender, vielleicht in etwas abgeschwächterer Form, aber vom Trend her in die gleiche Richtung zielend. Beklagt wird, dass bildungsbürgerlich wertvolle Inhalte und Formate zwar noch existieren, jedoch bewusst an den Rand gedrängt werden, also in unattraktive Sendezeiten oder in säuberlich separierte Minderheitensender wie 3Sat oder Theaterkanal. Beklagt wird, dass gerade nicht versucht wird, die wirklich gebührenrechtfertigenden Inhalte ins Zentrum zu stellen. Als positive Vorbilder werden Deutschlandradio und Deutschlandfunk genannt, die seit Jahrzehnten entgegen aller quotensteigernden Trends einen täglichen Mix aus Nachrichten, Hintergrundinformationen, Unterhaltung und Kultur bieten.
Vulgarisierung, so der Artikel, hat viele Gesichter. Wenn Quizfragen nur abstruses Wissen abfragen, das auch Belesene nur erraten können, und bei denen es nicht um unterhaltende Wissensförderung geht, sondern nur um spektakuläre Geldgewinnchancen – dann ist ein solches Format vulgär. Wenn Volksmusik nicht urig und herkunftsgebunden sein darf, sondern omagerecht verschlagert und verkitscht werden muss, dann ist das vulgär. Wenn für Unglücke oder Probleme immer nur nach Schuldigen gesucht wird, statt nach Ursachen, dann ist das vulgär. Genau diese sichtbare Vulgarisierung aber, so der Artikel, herrscht bei den Öffentlich-Rechtlichen längst vor.
Die Kritik der ZEIT am Zustand des gebührenfinanzierten Rundfunks lässt sich also so zusammenfassen: Es ist nicht die Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen, dem Volk zu geben, was es gerne sehen und hören möchte. Die Aufgabe ist vielmehr, Maßstäbe zu setzen für politische Unabhängigkeit, gedankliche Unerschrockenheit und für authentische Inhalte. Und das bewusst und zur Hauptsendezeit. Zumindest bin ich mal so frei, den ZEIT-Artikel in dieser Form zu resümieren. Denn dann ist es finde ich auch keine miefige, bildungsbürgerliche Stirnfaltenkritik.